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Forum: "Vereinfachte (?) Ausgangsschrift?"
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| @anke37 | | von: spinatundei
erstellt: 29.04.2006 20:18:30 |
Zerlegt man das System Hand in seine Bewegungskomponenten, so setzt sich die Schreibbewegung aus einer Kreisbewegung, welche aus der Bewegung der Finger in die eine Richtung und der Bewegung der Hand (nur die Hand aus dem Handgelenk heraus) in die senkrecht dazu stehende Richtung besteht, sowie einer Translation des Armes für das Schreiben entlang einer Linie zusammen. In der Untersuchung wurde festgestellt, dass jeder Schüler eine bevorzugte Drehrichtung der Kreisbewegung hat. Eine Bewegung läuft ungezwungen ab, je länger die bevorzugte Drehrichtung vom Schüler benutzt werden kann.
(Beispiel: Kinder, welche zum Beispiel den Rauch eines Schornsteins des selbstgemalten Hauses problemlos zeichnen konnten, hatten starke Probleme, Buchstaben zu schreiben, welche eigentlich der Form des Rauches entsprechen, laut VA aber einen anderen Bewegungsablauf erforderten. Die VA enthält aber pro Buchstabe ca. 2 bis 3 Drehrichtungswechsel (außer e und l) und erfordert somit Bewegung entgegen der bevorzugten Bewegung. Das Schreiben ist daher gerade am Anfang für die Kinder etwas völlig anderes als Malen; die vorhandenen motorischen Fertigkeiten (z.B. durch das Kringelmalen) werden nicht genutzt.
Die Untersuchung wartet immer noch auf die endgültige Veröffentlichung. Zwischendurch gab es einige Posterpräsentationen und Vorträge auf psychologischen Tagungen. Ein geplantes Schuljahr für eine Testklasse nach den Erkenntnissen der Untersuchung wurde auf unbestimmt verschoben.
Eine Veröffentlichung habe ich auf die schnelle gefunden: http://www.uni-leipzig.de/~biocog/teap99/abstracts/9811121719.html
Leider habe ich dazu selbst keine Unterlagen; diese sind aber eventuell, nach Anfrage, bei dem Dresdner Professor einsehbar. |
| @spinatundei | | von: powigerma
erstellt: 29.04.2006 21:55:38 |
Dankbar nehme ich etwas über die Hintergründe zur Kenntnis, die zu den beobachtbaren Problemen führen.
Ich konnte eben allein durch Vergleiche in jahrelanger Praxis und im fachlichen Austausch mit KollegInnen feststellen, dass es eindeutig in erster Linie die VA-Kinder sind, die in Sek I ein äußerst problematisches Schriftbild haben, das zunehmend zu verwahrlosen droht.
Die Kinder empfinden das selbst so, weil sie bisweilen daran verzweifeln, ihre eigene Schrift nicht mehr lesen zu können und weichen dann auf z.B. Druckschrift aus.
Irgendwann wurden übrigens auch mal die Schreibtafeln in der Grundschule abgeschafft u.a. mit der Begründung, sie blockierten die Entwicklung von Selbstbewusstsein, wenn man das liebevoll und schön Geschriebene nur kurz loben könne um es anschließend gleich wieder wegwischen zu lassen. Nun gehöre ich zu jenen bedauernswerten Geschöpfen - und kann doch irgendwie den damals verpassten Knacks nicht finden
(Dennoch finde ich es prima, dass nicht mehr auf Schiefer- oder Plastiktafeln geübt werden muss!)
Spaß beiseite!
Ich werde bei deiner Quelle weiter nachorschen, denn es ist schon interessant, eine Stütze der Empirie durch die Theorie des Schreiberwerbs zu gewinnen!
Ausschlaggebend finde ich, dass man Neues kritisch prüfen und beurteilen können muss, ohne dass sich gleich jemand auf den Schlips getreten fühlt, der das Neue auf Rang 1 der Favoritenliste gesetzt hat.
Solange die Kinder die GS besuchen, mag es ja zutreffen, dass die Vorteile beim Schreiberwerb mit VA deutlich überwiegen; doch muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Zeit danach (nach Kl. 4) die längere und bedeutungsvollere ist.
Wir haben als Lehrer diesbezüglich eine nicht zu unterschätzende Verantwortung!
Wer sich bei einer Bewerbung als Schrift-Kraxler zu erkennen geben muss, hat nicht undedingt die besten Karten! |
| Reaktion / Konsequenz | | von: veneziaa
erstellt: 30.04.2006 08:25:33 |
Seit Jahren beobachte ich das "Unglück" der Kinder mit unleserlicher Schrift, die in ihrer Not, weil sie überall anecken und Nachteile deswegen haben, auf die Druckschrift ausweichen (ab Klasse 5).
Nun habe ich beschlossen, diesen Kindern zu helfen und biete im nächsten Schuljahr für Kinder der Klassen 5 und 6 eine AG an, die sowohl die Lateinische als auch die Vereinfachte Ausgangsschrift wiederholen und üben wird. Als kleinen Anreiz stelle ich auch das Erlernen der Deutschen Schrift in Aussicht..
Die Kinder können freiwillig kommen, aber es wird auch "Zwangszuweisungen" von Seiten der Lehrer in Absprache mit den Eltern geben.
Habe mein Material schon "nebenbei" an verschiedenen Kindern erprobt - es hilft sehr schnell. Dabei meine ich erkennen zu können, dass die Kinder die exakten Schreibabläufe und die Platzierung der Ober- und Unterlängen ganz einfach nicht richtig kapiert haben. Sie fühlen sich jetzt erheblich wohler (Klasse 7), das Schriftbild ist leserlicher geworden.
So zufrieden ich persönlich ansonsten mit der zuvor geleisteten Arbeit der Grundschulen bin, die Übung einer leserlichen Handschrift (und auch, wie manche Kinder ihre Stifte in der Hand halten), wird meines Erachtens nicht genug beachtet..
Ich ließe mich gerne vom Gegenteil überzeugen!
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