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Forum: "Lernmethode 'Lesen durch Schreiben':"Das ist völliger Unsinn!""
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| @unverzagte | | von: halb27
erstellt: 14.10.2013 18:01:36 geändert: 14.10.2013 18:31:39 |
Du hast schon recht: natürlich ist es Mist, die Kinder bei Dingen zu korrigieren, die sie noch gar nicht beherrschen können. Und natürlich erwartet niemand im ersten Schuljahr perfekte Rechtschreibung.
Aber das zeigt letztlich nur das Problem: das Schreiben nach Bildern zu im Schriftbild nicht vorbereiteten Worten führt zu von den Schülern nicht zu verantwortenden Rechtschreibfehlern. Man hat dann nur die Wahl, diese zu akzeptieren, und ich merke schon, das ist der Trend (und im regulären Unterricht hat man ja wohl auch kaum eine andere Wahl), oder unschön zu korrigieren, was ich in der 1:1-Förderung tue (glücklich bin ich damit auch nicht). In der 1:1-Betreuung ist das Korrigieren zum Glück nicht so problematisch wie es sich bei Dir anhört. Ich muss ja nichts anstreichen, so dass dem Kind der 'Ist ja alles falsch'-Eindruck erspart bleibt. Vielmehr kann ich bei jedem Wort das Kind sofort loben, zunächst schon, wenn ich es das Wort habe gut aussprechen hören, dann, wenn es den geübten Laut richtig schreibt, und bei schwierigen anderen Lauten, die nicht akut zur Übung anstehen, lasse ich das Kind gar nicht in die Falle tappen, sondern sage ihm, wie es geschrieben wird. Es passieren natürlich trotzdem Rechtschreibfehler, die dann halt korrigiert werden. |
| @halb27 | | von: caldeirao
erstellt: 14.10.2013 18:29:11 geändert: 14.10.2013 18:35:02 |
ich sehe das ein bisschen anders.
Man muss nur verantwortungsvoll damit umgehen, damit nicht das rauskommt, was uns die Bildzeitung als abschreckendes Beispiel serviert.
Es gibt Kompetenzstufen zum Erlernen des Schreibens. Ich teile das so ein
1. phonemische Wahrnehmung der Laute- Buchstabenzuordnung (daher auch diese Anlauttabellen od. auch Übungen am Wortanfang, in der Mitte, am Wortende)
2. Lautgetreue Schreiben, dabei unterscheidet man einfache Silben (la-le-...-ro-so-mo usw.) bis hin zu Silben mit Mitlautverbindungen (bla, kra-....- krach usw.)
3. Regeln in der RS
4. Merkwörter (z.B Wal- Wahl, Kahn- Kran ....)
5. Fremdwörter
Warum soll man das Kind bremsen, wenn es große Lust hat zum Schreiben nur weil es noch nicht soweit ist? Und ich glaube kaum, dass sich ein Kind, dass sich jeden Buchstaben erkämpft, sich die Schreibweise einprägt. Ich finde, dass es dem Kind viel mehr bringt, wenn es mir eine Botschaft schreibt, wenn ich ein oder 2 Worte verbessere, dann hat es auch eine Chance, sich diese zu merken. Berichtigst Du alle, wird sich das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit nichts merken, weil es völlig überfordert ist. Ich würde z.B. darauf achten, dass Liebe oder Hallo richtig geschrieben ist, weil es diese Anrede in jedem Brief verwendet und ich gebe Dir Recht, dass sich dann das Kind die falsche Schreibweise einprägen kann.
@amann
Ich glaube kaum, dass ich ein Diktat oder eine Note brauche, um die Rechtschreibung meines Kindes zu kennen oder???
Da schlage ich mal ein Heft auf oder schreibe aus dem Urlaub eine Karte oder ... es gibt da wohl 1000 Möglichkeiten. Es geht ja hier nicht um irgendwelche schwierigen Fächer, wo man als Erwachsener keine Ahnung hat.
Das hat ganz klar auch was mit Interesse und sich kümmern zu tun und das größte Armutszeugnis stellt sich aus meiner sicht der Vater aus, der hier kläglich versagt hat. |
| @halbundhalb | | von: unverzagte
erstellt: 14.10.2013 18:31:10 geändert: 14.10.2013 18:33:10 |
schön, dass wir in einiger hinsicht dieselbe wahrnehmung haben und diesen erdrückenden perfektionsanspruch als unangemessen erachten - das gruselige sind dabei insbesondere die fragwürdigen konsequenzen, die so ein signalisierender rotstift, der ALLES flächendeckend markiert, was als falsch angesehen wird: die lust schwindet- wen wundert das wirklich? wird den lernenden doch mehr als deutlich vermittelt: du machst nur fehler, es sind zwar viele weniger schlimme dabei, aber es bleibt falsch und richtig geht eben vollkommen anders. vielen dank, aber das erwarten meine schülerInnen nicht von mir und ich empfehle dir, die deinen zu fragen, ob sie diese fatale form von korrektur wirklich wollen oder ob es nicht wertschätzender ist, solche massiven eingriffe dosierter bzw. sensibler zu verabreichen.
weiter kann ich mich des eindrucks nicht verwehren, dass du die stellungnahme von einer hamburger schule zu den zahlreich vorhandenen kritiken in der medienlandschaft von blödzeitung bis spiegel bezüglich der lds methode noch nicht gelesen hast. den link hab ich einige beiträge weiter oben angeführt. vielleicht kann der noch etwas mehr zur klärung deiner zweifel beitragen.
letztlich hast ja auch du als korrigierendeR ein recht auf glück!
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| @unverzagte | | von: halb27
erstellt: 14.10.2013 18:48:35 geändert: 14.10.2013 19:37:36 |
Ich habe meinen letzten Beitrag noch etwas ergänzt um die Art und Weise, wie ich die strittigen Korrekturen durchführe. Du siehst, dass das nicht so problematisch ist. Der Vorteil der 1:1-Betreuung ist ja, dass ich sofort steuernd eingreifen kann anders als Du es Dir anscheindend vorstellst. Ich habe keinen Rotstift und würde nie einen verwenden. Ich streiche nichts an, ist ja nicht nötig, ich bin ja präsent. (Pervers ist übrigens, dass im letzten Schuljahr 'meine' Kinder im dritten Schuljahr solche Rotstift-Korrekturen von mir gerne gesehen hätten. Sie wollten auch ständig von mir Noten haben, egal wie oft ich ihnen in Erinnerung gerufen habe, dass ich kein Lehrer und deshalb nicht in der Lage bin, Noten zu geben).
Die Erkenntnisse der Hamburger Schule habe ich gerade gelesen. Hilft m.E. aber nicht so recht weiter. Es ist ja keine Frage, dass das gute Artikulieren und Hörverstehen von Lauten grundlegend ist. Und das zum Verinnerlichen der Schreib-/Leseweise von Lauten das Schreiben wichtig ist, ist auch nachvollziehbar. Das ist aber unabhängig von der Frage, ob man man nach Bildern schreibt und dabei in großem Umfang Rechtschreibfehler toleriert, oder vielleicht doch eher von vorneherein - mit den Lauten als roten Faden - eine Art Grundwortschatz aufbaut. Mehr oder weniger komplizierte RS-Regeln, Merkwörter und Fremdwörter sind in jedem Fall etwas für die späteren Jahrgangsstufen.
Ich danke Dir jedenfalls für den Gedankenaustausch. Er wird dazu führen, dass ich die Kinder bei den nicht akut geübten Lauten noch weniger in Schreibweisenfallen laufen lasse und die korrekte Schreibweise vorgebe. |
| differenziert | | von: palim
erstellt: 14.10.2013 19:30:01 |
und die korrekte Schreibweise vorgebe.
und genau darum geht es ja nicht
und man kann es nicht einfach über einen Kamm scheren, welches Kind welchen Fehler zu welcher Zeit macht... schon gar nicht, wenn dann auch noch mitschwingt, dass Kinder Lernschwierigkeiten oder -störungen haben.
Diese Methode fordert ja gerade den individualisierten Umgang mit Kindern und ihren Fehlern.
Die, die die Vokale vergessen, brauchen andere Übungen, als die, die nahezu alles richtig schreiben und nur hier und da mal etwas vergessen.
Ich mag die Jandorf-Hefte,
wir nutzen auch einiges davon,
aber bei allen fertigen Heften stelle ich immer wieder fest, dass die eben doch einengen.
Besser wäre, wenn es Materialien für die verschiedenen Kinder gäbe,
Anlaute, für die, die es brauchen,
Endlaute, erste Silben, Vokal-Übungen etc. ... je nachdem, wo das Kind gerade steht.
Das kann leider kein Lehrwerk schaffen, aber wenn man es als Lehrkraft umsetzen möchte, stößt man auch wieder an viele Grenzen - Grenzen der täglich zur Verfügung stehenden Zeit, Grenzen des Urheberrechts, des Schulbudgets etc.
Darum einen Fibel-Lehrgang für besser zu halten, der ähnliche katastrophale Ergebnisse erzielen kann, wenn man sich an Wochenvorgaben hält und ohne Rücksicht auf Kinder und Bedingungen unaufhaltsam voranschreitet, ist Augenwischerei.
Palim |
| warum | | von: palim
erstellt: 14.10.2013 20:54:21 |
Warum ist es schlecht im Rahmen der Förderung während des ersten Schuljahrs, bei beispielsweise einem Wort mit silbenverlängerndem 'h' dem Kind an der betreffenden Stelle zu sagen, dass jetzt ein 'h' kommt?
Weil das Kind mit den ersten Laut-Buchstaben-Kombinationen genug zu tun hat
und durch weiterführende Besonderheiten immer weiter überfordert wird und immer wieder indirekt gesagt bekommt, dass es nichts kann und laufend Fehler macht - ob es nun rot angestrichen ist oder nicht.
Stell dir vor, du lernst jonglieren.
Irgendwann schaffst du es mit einiger Mühe, 2 Bälle in der Luft zu halten.
Dann komme ich und sage: Super! Du kannst mit 2 Bällen jonglieren. Das ist ein guter Anfang!
... und weil du bei anderen siehst, dass man auch mit 3,4 oder mehr Bällen oder ganz anderen Geräten jonglieren kann, wird in dir der Wunsch geweckt, weiter zu üben und es noch besser zu können.
Oder aber:
Stell dir vor, du lernst jonglieren.
Irgendwann schaffst du es mit einiger Mühe, 2 Bälle in der Luft zu halten.
Dann komme ich und sage: So doch nicht! Du musst dich gerade halten, nicht laufen, deinen Blick geradeaus halten, sonst wird das nie was.
Wie viel mühsamer ist es dann, am Ball zu bleiben, weiter zu üben und alles auf einmal zu beachten, was dich vom eigentlichen Jonglieren so sehr ablenkt, dass die Bälle mehr am Boden liegen als zuvor.
Ob es nun jonglieren, musizieren, Auto fahren, lesen, schreiben oder rechnen ist. Man kann nicht alles auf einmal schaffen.
Aber es lernt sich erheblich leichter, wenn man einen wohlwollenden, sicheren Rahmen bekommt und Bestätigung für das, was man am Anfang schafft.
Das ist nicht gleichbedeutend mit Gleichgültigkeit.
Wenn du beim Jonglieren die Bälle irgendwie in die Luft wirfst ohne das Ziel erkennen zu lassen, dass du die Bälle auch kurz hintereinander auffangen möchtest,
werde ich dich fragen, ob ich es dir noch einmal zeigen soll.
Und vielleicht ist es sinnvoll, dann zuerst noch einmal mit 1 Ball zu üben - von links nach rechts und von rechts nach links. Wenn das klappt, werde ich begeistert sein und dir dann gerne zeigen, wie man mit 2 Bällen übt.
... und während einer noch mit 1 Ball übt, habe ich Zeit, mit anderen auszuknobeln, wie man zu zweit mit 5 Bällen jongliert.
Palim |
| @palim | | von: halb27
erstellt: 14.10.2013 21:37:09 geändert: 14.10.2013 21:52:44 |
Ist angekommen.
Ist letztlich eine Variante der Problematik, häufig korrigierend einzugreifen und das zudem bei Problemen, die die Kinder nicht zu verantworten haben.
Steht natürlich im Gegensatz zu meinem Bestreben, nichts Falsches stehen zu lassen. Und das ist für mich unmittelbar beim Lernprozess des Kinds Präsenten auch durchaus schwerer auszuhalten als im Rahmen des regulären Unterrichts, wo meine Intention dann tatsächlich zu einer Rotstift-Orgie führen würde, die völlig inakzeptabel ist. Deswegen verstehe ich auch, warum das Ganze für Lehrer im regulären Unterricht keine Frage ist.
Im Rahmen der 1:1-Förderung liegen die Dinge etwas anders, und die Erfahrung zeigt, dass die Kinder sehr gerne mit mir arbeiten. Kann allzuschlimm also nicht sein.
Ich nehme mir das trotzdem zu Herzen. Ich bin zwar nicht so leicht von der Überzeugung abzubringen, dass Fehler korrigiert werden müssen, damit Fehlerhaftes keine Chance hat, sich zu verfestigen. Aber ich verstehe schon, dass ich mich nicht im luftleeren Raum bewege. Und die aktuell auch in meiner Schule praktizierte Herangehensweise ist nun mal über Schreiben nach Bildern. Auch möchte ich mich nicht von dem entfernen, was in meiner Schule allgemein praktiziert wird. Und da fällt mir auf, dass wir dies alles in der Schule nie thematisiert haben. Es geht halt jeder davon aus, dass das, was man für selbstverständlich hält, allgemeingültig ist.
Ich werde das also jetzt mit den betroffenen Lehrerinnen besprechen. Das Ergebnis ist allerdings absehbar. |
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