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Forum: "Sind Diktate noch zeitgemäß?"
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| MUSS eines schreiben | | von: sandra20
erstellt: 09.01.2006 15:48:52 |
Hallo ihr Lieben,
seid mir nicht böse, aber ich habe jetzt nicht alle Beiträge gelesen.
Meine Meinung ist ganz klar (übrigens ist es die, die auch meine Seminarlehrerin vertritt):
Diktat ja, aber nur zur Übung, nicht zur Leistungsfeststellung.
Nun bin ich seit diesem Jahr an einer Schule, an der die Fachschaftsbeschlüsse sozusagen Gesetz sind. Hält man sich nicht daran, so erfolgt ein persönliches Gespräch mit dem Chef, der einen dann anweist, sich an den Fachschaftsbeschluss zu halten.
Schon mal ein Probel für sich!
Und jetzt kommts:
Die Fachschaft hat beschlossen, dass in den Klassen 5-7 (Realschule) ein Diktat geschrieben werden muss, dass ein Drittel der Schulaufgabennote ausmacht.
Muss ich noch was dazu sagen?
LG
SANDRA |
| Diktat nur Aufhänger | | von: palim
erstellt: 09.01.2006 16:28:06 |
Auch in Niedersachsen müssen ab der 3. Klasse Diktate geschrieben und benotet werden und fließen in die Rechtschreibnote ein.
In vielen Schulen ist es wirklich so, dass die geübten und ungeübten Diktate nahezu ausschließlich die Rechtschreibnote festlegen, dass Wörter oder Texte eine oder mehrere Wochen lang geübt werden (teilweise auch fast nur als Hausaufgabe) und anschließend ein für alle Schüler gleiches Diktat geschrieben und bewertet wird.
Auch in anderen Bundesländern, in denen Diktate in neueren Rahmenrichtlinien nicht mehr zwingend festgelegt sind, sind in den Vergleichsarbeiten meines Wissens dennoch Diktate oder Diktatformen enthalten.
Zum Glück legen die Bildungsstandards Schwerpunkte auch in andere Richtungen und weisen aus, dass es um eine Rechtschreibkompetenz geht, die auch das Nachschlagen von Wörtern und Sensibilisierung von Fehlschreibungen mit einbezieht.
Bei einzelnen Fachkonferenz-Beschlüssen bleibt die Frage, was genau festgelegt wurde und ob man davon in Teilen abweichen kann (Was ist mit Nachschlagen im Wörterbuch o.ä.?)
In unseren Fach- und Regionalkonferenzen geht es seit Monaten um die Bewertung, die Abstufungen der Fehlerzahl etc. und viele meinen wirklich immer noch, dass man vergleichbare Diktate schreiben kann und die Noten ebenso vergleichbar sind. Augenwischerei.
Der Verlauf der Diskussion zeigt m.E. auch, dass es gar nicht um die Diktate als solche geht, sondern darum, dass Kinder in den Klassen über- bzw. unterfordert sind. Dabei spielen Diktate doch nur eine nebengeordnete Rolle, denn ebenso wie im Rechtschreibunterricht ist es auch beim Lesen, Rechnen, in sämtlichen anderen Fächern entscheidend, dass Kinder mit unterschiedlichen Begabungen vor uns sitzen.
Ich denke, bei 4t sind jede Menge Lehrerinnen und Lehrer, die sich tägtäglich Gedanken darüber machen, wie sie ihren Unterricht so strukturieren können, dass sie den verschiedenen Lernern mit ihren Lerntypen, Vorzügen und Schwächen gerecht werden können, wie sie unterschiedliche Anforderungen stellen und Hilfen geben. Dabei sind Diktate nur eine Form, bei der viel Frust entstehen kann, wenn man über alle Unterschiede hinweg stets gleiche Anforderungen stellt.
In der Rechtschreibung ist es vielleicht offensichtlich, vielleicht wird aber auch seit Jahren dort genauer hingeschaut, weil LRS als Krankheitsform u.a. dargestellt wurde. Dyskalkulie wird noch lange nicht so sehr erforscht und zu anderen Fächern oder evtl. Lernschwächen gibt es noch weniger Untersuchungen.
Dennoch ist es so, dass in den letzten Jahren die Unterschiede der Lernausgangslagen mehr Beachtung finden und trotz zurückgehender Durchlässigkeit, abgeschafftem Förderunterricht etc. viele Lehrer viel Kraft und Arbeit dahin verwenden, angemessen zu Fordern und zu Fördern, verschiedene Lernwege anzusprechen und anzubieten etc. ... und täglich eine Spagat im Klassenzimmer wagen, bei dem sie alle Kinder im Blick behalten wollen.
Es ist verständlich, dass Eltern, deren Kinder extrem unter- oder überfordert sind, frustriert sind von Unterricht, Schule, Lehrern. Ich denke aber, dass man in einem solchen Fall das Gespräch mit dem Lehrer/ der Lehrerin suchen sollte, dass man gemeinsam überlegen muss, wie man dem Kind helfen kann. Dabei ist es sicher wichtig, dass man sich traut, neue Wege zu gehen und Neues zu probieren. Altes und Neues muss immer wieder auf dem Prüfstand stehen, ob es den Anforderungen der heutigen Schulen genügt.
Angesichts der Anforderungen bleibe ich bei dem Sport-Bild:
Ein Leistungssportler mag sich sicher nicht an Anfängern messen, weil der Vergleich hinfällig ist.
Andererseits messen sich Anfänger auch nicht gern an Leistungssportlern, denn sie können diese Leistungen nicht erbringen.
Letztlich gibt es bei Sportlern immer auch ein Ziel, das man vor Augen hat, ebenso gibt es auch persönliche Bestenlisten, persönliche Rekorde, an denen man sich immer wieder misst und sein Voranschreiten und Verbessern erkennen kann - viel mehr als an hochgesteckten Zielen.
Palim |
| andere Richtung! | | von: wabami
erstellt: 10.01.2006 14:48:15 |
Ich habe nicht gemeint, dass der Frust wegen zu geringen Lerntempos von fehlender Binnendifferenzierung kommt, sondern ich wollte verweisen, dass die Überhöhung der Methodenbedeutung, die (auch hier im Forum) massiv eingeforderte Freude am Lernen durch spiel- und freudbetonte Methoden nachhaltig das Lerntempo und die Wahrnehmung des Lernprozess zu ihren Ungunsten beeinflussen!
Unter der Forderung, dass Lernen immer Freude bereiten und immer einen Bezug zur Umwelt des Schülers haben muss und nie die Gefahr einer Schülerfrustrierung bergen darf, kann die Forderung nur heißen: Keine Diktate!
Und ich sage, dass es schön und lobenswert ist Spaß und Freude am Lernen zu vermitteln, aber eben auch, dass dies nicht an allen Stellen angebracht sein kann und Schüler auch andere Art und weisen des Lernens erfahren müssen!
Zur Frustrierung der Schüler sei bemerkt, dass ich durchaus den Standpunkt vertrete, dass über Benotung und Gewichtung der Note sehr differenziert entschieden werden sollte und eine generelle Festlegung des Stellenwertes der Diktatnote eben nicht "zeitgemäß" ist!
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| Wirklich schade, | | von: elefant1
erstellt: 10.01.2006 18:20:38 geändert: 10.01.2006 18:23:42 |
dass diese Diskussion immer noch geführt werden muss und dazu auch noch mit Lehrern, die meine Kinder sein könnten. Bereits während meines Studiums (Start 1974) habe ich gelernt, dass Diktate kein Mittel sind, um Rechtschreibleistung zu fördern; bestenfalls verhindern sie diese nicht; außerdem wurde damals schon der Adressantenbezug beim Schreiben als äußerst wichtig angesehen...
In meiner täglichen Praxis (Hauptschule: Jgst. 7-9) erlebe ich, dass Schüler, die in Diktaten 35 und mehr Fehler schreiben, beim "Kreativen Schreiben" aber fast keine Fehler machen, weil sie ihren Texten einen speziellen Wert beimessen; notfalls schlagen sie auch Wörter nach, um diese zu verbessern.
Was man aus manchen Beiträgen an Bildungsdünkeln herausliest, kann einem nur die Zornesfalten ins Gesicht treiben, aber ich möchte gerne sachlich bleiben - zumal vieles schon gesagt wurde.
Ich jedenfalls wünsche mir Schulen mit Methodenvielfalt, in denen jedes Kind seine Kreativität ausleben kann, in denen Schwache aufgefangen und unterstützt werden und in denen Begabte vorankommen; ich wünsche mir Eltern, die ihre Kinder unterstützen, die aber auch sehen, dass nicht alle auf der Sonnenseite des Lebens geboren werden und die registrieren, dass sich die Welt in den letzten 30 Jahren immens verändert hat.
Grüße an alle engagierten Grundschullehrkräfte; ich bewundere Eure Arbeit!
elefant1
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