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Forum: "Geschichte zum Weiterschreiben. Teil 2"
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| 24 - 8. | | von: aloevera
erstellt: 02.07.2006 12:15:14 |
Sylvia hatte gerade ein Blech mit Pizza in den Ofen geschoben und das Bier kalt gestellt. Sie war in bester Feierlaune. Der letzte Schultag war vorbei, sechs herrliche Ferienwochen warteten auf sie und am heutigen Abend wollte sie mit Max und Marion Fußball gucken. Die Euphorie im ganzen Land war auch auf sie übergeschwappt. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, alles war perfekt. Im gleichen Moment klingelte es an der Tür. Sie öffnete und das „Hallo, da seid Ihr ja!“ blieb ihr im Hals stecken. Vor ihr stand eine ältere Frau, deren Gesicht ihr bekannt vorkam, das sie aber spontan nicht einordnen konnte.
„Sie werden entschuldigen, mein Name ist Hildegunde Schäfer. Sie sind die Freundin meiner Schwiegertochter Marion. Hätten Sie ein wenig Zeit für mich?“ „Das tut mir aber jetzt wirklich Leid“, konterte Sylvia geschickt, „ich bin nicht alleine. Worum geht es denn ? Ist etwas mit Marion?“ Ihr dämmerte, wer da vor ihr stand, die Mutter dieses unmöglichen Hans-Rüdiger. Da hieß es schnell handeln, denn der Abend war anders geplant „Ich mache mir Sorgen um die Ehe von Marion und Hans-Rüdiger und wollte….“ „Gute Frau, ich bin nicht die Auskunft, da sollten sie doch besser mit Ihrem Herrn Sohn drüber reden. Guten Abend.“
Ehe Hildegunde sich versah, hatte Sylvia ihr die Tür vor der Nase zugemacht. Das war die zweite Abfuhr an diesem Abend. So etwas war Hildegunde noch nie passiert und sie atmete hörbar tief ein und aus. Und nun? Ihre letzte Anlaufadresse in Münster war Robert. Kurz entschlossen überquerte sie die Straße, marschierte auf die nächste Telefonzelle los und wählte Roberts Nummer…
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| 24.9 | | von: ricca
erstellt: 03.07.2006 12:00:00 |
Leider meldete sich am anderen Ende der Leitung nur Roberts Anrufbeantworter. Hildegunde hängte ein ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Genau genommen wusste sie auch eigentlich nicht, was sie mit Robert im Augenblick zu besprechen gehabt hätte, denn mit der Sache um Hans-Rüdiger und Marion hatte er ja eigentlich nichts zu tun. Allerdings hätte es ihr gut getan, einfach einmal mit jemandem über die Situation zu sprechen. Hatte sich Marion nun wirklich von ihrem Sohn getrennt? Die Situation sprach eine deutliche Sprache. Aber vielleicht konnte man die Sache ja wieder einrenken, immerhin hatte Hans-Rüdiger anscheinend wieder einen Job gefunden. Es wäre doch zu schade, wenn ausgerechnet in dem Augenblick, als Hans-Rüdiger ihr das erste richtige Enkelkind bescherte, seine Ehe auseinander ginge und sie nichts von ihrer Enkeltochter hätte. Natürlich konnte Hildegunde nicht wissen, welches Geschlecht ihr Enkelkind haben würde, aber in Gedanken sah sie ein kleines Mädchen, das rosa Kleidchen trug, dem man Schleifchen in die langen Haare binden konnte und das sie zum Ponyreiten begleiten konnte. Ein Mädchen, gesegnet mit Tugenden wie Fleiß, Ehrgeiz und Anstand...von Männern hatte Hildegunde eindeutig genug. Abgesehen von Robert...
Das wiederum holte Hildegunde aus ihren Überlegungen in die Gegenwart zurück. Ob sie es noch einmal bei Robert versuchen sollte? Erneut wählte sie die Nummer... |
| 24.11 | | von: ricca
erstellt: 05.07.2006 08:22:07 geändert: 05.07.2006 08:24:03 |
Hildegunde wurde zur selben Zeit sehr ungeduldig. Gerade hatte sich der Anrufbeantworter gemeldet, jetzt zählte sie schon das zwölfte "Tuuut", das aus dem Hörer tönte. So langsam kam sie sich veralbert vor. Robert hatte ihr doch gesagt, er habe noch bis zum Ende der Fußballweltmeisterschaft keinen Dienst im Krankenhaus! Und die Fortbildung Neue Behandlungsmethoden bei Infektion mit Helicobacter pylori sollte, soweit sie sich an Roberts Ausführungen erinnerte, erst am Donnerstag Nachmittag beginnen und bis Samstag dauern. Die Tagung sollte in Hamburg stattfinden und Robert wollte per Zug hinfahren. Also müsster er doch...
"Hallo, hier Hegebrecht", meldete sich eine eindeutig weibliche Stimme aus dem Hörer. Die Stimme klang durch den Hörer etwas verzerrt, aber Hildegunde erkannte Charlotte.
"Guten Tag Charlotte, ich wollte gerne Ihren Vater sprechen.", antwortete Hildegunde. Sie fühlte sich wie ein junges Mädchen, das mit klopfendem Herzen bei ihrem Angebeteten anruft und die gestrenge Mutter am Apparat hat. Es war unbegründet, dieses Gefühl der Peinlichkeit - oder etwa doch nicht?
"Mein Vater ist momentan nicht im Haus.", tönte Charlottes Stimme zurück. Sie klang nicht sehr freundlich. "Er ist gerade in der Klinik, Fachliteratur wälzen für die Tagung."
"Hat er gesagt, wann er wiederkommt?" - kurze Stille -
"Nein, aber ich denke, wenn er sich mal an einem Thema festgebissen hat, kann das dauern, bis er wieder nach Hause kommt. Ich richte ihm aus, dass Sie angerufen haben." Der Hörer wurde aufgelegt.
Hildegunde atmete tief durch. Dann musste sie halt noch etwas warten.
Im Haus von Professor Hegebrecht öffnete sich die Kellertür, die zur Sauna führte. Charlottes Vater trug einen Bademantel und Adidas-Schlappen.
"Wer war da am Telefon?", fragte er nach.
"Ach, das war nur eine Dame von der Telecom, die uns mal wieder ein neues telefonieren-sorglos-Paket verkaufen wollte. Die werden so langsam lästig.", erklärte Charlotte. |
| 24.12 | | von: ricca
erstellt: 05.07.2006 14:19:16 |
Danach wandte Charlotte sich ab, damit ihr Vater nicht in ihr Gesicht sehen konnte. Sie wollte ihn nicht anlügen, aber solange sie keine Gewissheit über Hildegundes Identität hatte, musste sie die beiden einfach auf Abstand halten. Lange verdrängte Bilder aus ihrer Jugendzeit mischten sich mit den Erinnerungen an die Telefonate mit Verena. Sie musste jetzt unbedingt alleine sein.
"Ich gehe runter in meine Wohnung, ich muss dringend mal wieder meine E-Mails bearbeiten...neue Patienten und so...", murmelte sie und eilte mit klappernden Absätzen in Richtung Treppe.
Vater Hegebrecht wurde aus seiner Tochter nicht mehr schlau. Erst ihr Benehmen auf dem Schiff - und nun igelte sie sich zunehmend in ihrer kleinen Souterrainwohnung ein und verbrachte Stunden mit ihren E-Mails. So war sie doch vor dem Urlaub nicht gewesen? Und neue Patienten behandelte man doch nicht per Computer?
Charlotte klickte sich in ihr Mailprogramm und hielt Ausschau nach der E-Mail, auf die sie schon seit ihrer Ankunft in Münster nach der Kreuzfahrt wartete.
"Sie haben Post" verkündete die freundliche Stimme ihres Mailprogramms. Absenderin war Delia Poltz, Verenas Freundin. Der Text war nichtssagend, aber darauf kam es ja nicht an. Wichtiger war der Anhang. Charlotte zitterte beinahe vor Aufregung, als sie ihn doppelt anklickte um ihn zu öffnen. Das Fenster ihres Bildbearbeitungsprogrammes erschien. Warum dauerte das immer so lange? Sie musste sich endlich einen neuen, schnelleren Rechner kaufen! Das Bild erschien und zeigte einen Fußballfreak in voller Fanmontur. Eingehüllt in eine Deutschlandfahne mit schwarz-rot-gelben Streifen im Gesicht und mit einem aufblasbaren Pokal in der Hand schaute er sie mit glasigen Augen an. Es war Hans-Rüdiger, auch Jack genannt, der Vater des Kindes, das sie vor fünfzehn Jahren abgetrieben hatte. |
| 24.13 | | von: ricca
erstellt: 05.07.2006 14:22:56 geändert: 05.07.2006 15:01:45 |
Mit gimmiger Befriedigung las Delia die Antwortmail von Charlotte. Jack war tatsächlich der Vater von Charlottes Kind, das sie in ihrer Jugend abgetrieben hatte, vor allem auch, weil der werdende Vater urplötzlich jeden Kontakt zu ihr abgebrochen hatte. Und noch schlimmer: Jacks Mutter hatte mitgespielt und Charlotte, die mit dem positiven Test nachts vor der Tür stand, einfach abgewimmelt. Verena hatte genialerweise aus Jacks betrunkenem Gestammel von der tollen Charlotte, die plötzlich nichts mehr von ihm wissen wollte, die richtigen Schlüsse gezogen.
Eigentlich hatte sie, Delia, vorgehabt, Jack mit einer fingierten Vaterschaftsklage so richtig einzuheizen, doch das war nun wohl nicht mehr nötig.
Dieses Schwein! Dachte der wirklich, er könne sich jede Frau einfach nehmen, wie es ihm passte und sich beim geringsten Anzeichen von Schwierigkeiten aus dem Staub machen?
Auf jeden Fall sah es der neue Plan vor, Jack auf das Härteste mit seiner Vergangenheit zu konfrontieren. Aber wie sollte Delia das nur anstellen? Einen gefälschten Vaterschaftstest hätte sie ihm unterjubeln können...aber so? Sollte sie vielleicht Charlotte darum bitten mitzuspielen und dann zu behaupten, sie habe das Kind bekommen und zu Adoption freigeben müssen? Immerhin würde das einen erheblichen moralischen Druck für Jack bedeuten. Aber zunächst einmal musste sie Charlotte sprechen. Sie nahm das Telefon von der Ladestation und wählte Charlottes Nummer. |
| 24. 14 | | von: keinelehrerin
erstellt: 05.07.2006 16:49:59 geändert: 07.07.2006 01:22:42 |
"Charlotte Hegebrecht. Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?" Die sympathische Stimme von Charlotte klang durchs Telefon. "Hallo. Mein Name ist Delia Portz. Ich bin Verenas Freundin. Ich hatte Ihnen die Mail geschickt." "Ach ja," Charlotte wusste nicht so recht, wie sie mit einer fast wildfremden Person über ein so intimes Kapitel ihrer Vergangenheit sprechen sollte. Ein Kapitel, dass sie längst in eine Ecke ihres Gedächtnisses gestellt hatte und nur in ganz dunklen Zeiten an die Oberfläche kommen lies. "Ich kann mir vorstellen, wie seltsam Sie dieses Gespräch vorkommen muss. Wenn Sie nicht darüber reden wollen, kann ich dies durchaus nachvollziehen," erkannte Delia die delikate Situation. Charlotte war dankbar für das Einfühlungsvermögen und die beiden Frauen vereinbarten einen Termin für den morgigen Abend in der Innenstadt von Münster. Sie waren sich einig, dass ein Gespräch unter sechs Augen - Verena sollte selbstverständlich daran teilnehmen - besser als eine Konferenzschaltung war. Mit gemischten Gefühlen legte Charlotte auf und schaute noch lange aus dem Fenster.
Delia legte auf und machte sich einen Vermerk in ihren Kalender "19.30 h Café Kelim. Dann rief sie Verena an und teilte ihr den Termin mit. Zufrieden lächelnd nahm sie ihre Handtasche von der Stuhllehne, schnappte sich ihre Autoschlüssel und fuhr in die Klinik.
Ihrem Vater ging es nun schon soweit besser, dass eine baldige Entlassung ins Auge gefasst wurde. Für das Räuberstück, dass sie mit Jack geplant hatten, war die Lokation von Delias Elternhaus nahezu perfekt. Nur Regina machte Delia noch etwas Sorgen. Wie sollte sie ihrer Stiefmutter klarmachen, dass sie für circa drei Tage ausziehen sollte, weil sie aus ihrem Zuhause eine Fernsehkulisse zaubern wollten? Vielleicht musste man ihr nur schmackhaft machen, wie erholsam ein kleiner Wochenendtrip in St. Blasen sein könnte, und dass sie ihn sich nach der ganzen Aufregung um Papa auch wirklich verdient hatte? Ja, das würde sie machen. Sie würde dann das Haus sitten, die Katze füttern und nach dem Garten sehen.
Delia bekam ein richtig schlechtes Gewissen als sie sah, wie gerührt ihr Vater und ihre Stiefmutter über ihren Vorschlag waren. Regina nahm sie sogar in den Arm und drückte sie. |
| 25 - 1. | | von: aloevera
erstellt: 05.07.2006 19:33:46 geändert: 05.07.2006 19:35:58 |
Hildegundes Vorstellung von einer kleinen glücklichen Familie mit Enkelkind waren nach dem Gespräch mit Hans-Rüdiger endgültig geplatzt. Er hatte seiner Mutter unmissverständlich klar gemacht, dass seine Ehe mit Marion gescheitert war und vor dem Scheidungsrichter enden würde. Dass er sich nichts aus Kindern machte – auch in Zukunft nicht – fügte er hinzu, um seiner Mutter den Wind aus den Segeln zu nehmen, ihn womöglich mit einer Frau mit Kind verkuppeln zu wollen. Er hatte sein Leben auch alleine im Griff. Das bisschen Haushalt würde er lernen, jemanden fürs Bett zu finden war eine seiner leichtesten Übungen und sein Singledasein fing sogar an, ihm Spaß zu machen. Er konnte tun und lassen, was er wollte, brauchte niemandem Rechenschaft ablegen und das wollte er beibehalten. Damit gab sich Hildegunde erst einmal geschlagen. Der Scheck, ihr letzter Triumph, zog bei Jack leider auch nicht. Er hatte sich zwar interessiert die Geschichte angehört, wie Hildegunde seinen leiblichen Vater wieder getroffen und ihn abgezockt hatte, aber was nützte ihm dieser Vater, den er nie kennen gelernt und der sich nie um ihn gekümmert hatte. Hildegunde hatte nicht die Fakten an sich geschildert, sondern ihre Erlebnisse in einen wahren Abenteuerroman verpackt. Jack jedoch kannte seine Mutter zu gut, um nicht zu wissen, dass er die Hälfte dieser haarsträubenden Abenteuergeschichte abschreiben konnte.
„Du kannst den Scheck meines Erzeugers gern behalten, ich brauche ihn nicht“, entgegnete er betont lässig, gleichzeitig wissend, dass er das Geld gerne hätte und auch brauchte. Er hatte Schulden und er hatte Wünsche. Aber hier ging es um mehr, nämlich seiner Mutter ein für allemal Grenzen zu setzen. Er war nicht mehr Klein-Hans-Rüdiger, der sprang, wenn Mama pfiff. Er führte sein eigenes Leben und ließ sich weder erpressen noch kaufen. Für die Zukunft erbat er sich klare Terminvereinbarungen, wenn Hildegunde zu Besuch kommen wolle, keine Überfälle mehr.
Hildegunde betrachtete ihren Sohn verwundert. War er endlich erwachsen geworden?
Über den Scheck und Hans-Rüdigers leiblichen Vater verlor sie kein Wort mehr. Sie würde das Geld auf einem Konto festlegen und Jack davon finanziell unter die Arme greifen. Wer weiß, was im Fall einer Scheidung auf ihn zukam. Eine neue Wohnung musste er sich auch suchen, sicherlich auch einige Möbel kaufen und wenn er am Ende auch noch Unterhalt für das Kind zahlen musste, hatte Hildegunde wenigstens eine Rücklage für ihn.
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| 25 - 3. | | von: aloevera
erstellt: 06.07.2006 10:22:08 geändert: 06.07.2006 19:21:19 |
Trotz des herrlichen Sommerwetters waren ein paar dunkle Wolken am Münsteraner Himmel aufgetaucht.
Hildegunde war erst einmal wieder nach hause gefahren, um ein paar langfristige Termine wahrzunehmen. Sie hatte ein paar Vorbereitungen zu treffen, da sie Robert am Wochenende zum Kaffee erwartete. Charlotte hatte klar signalisiert, dass sie die Einladung nicht angenommen hatte. Auch gut! Hildegunde war es sowieso lieber, ihre Zeit mit Robert alleine zu verbringen. Sie konnte sich immer noch keinen Reim darauf machen, aus welchem Grund Charlotte sie so ablehnend behandelte. Charlotte war eine erwachsene Frau und Robert war seit Jahren geschieden. Was sollte dieses zickenhafte Gehabe?
Marion hatte ihre Gedanken erst einmal mit Sylvias Hilfe wieder geordnet und beruhigt. Sie musste einfach abwarten, was auf sie zukäme und wollte sich jetzt erst einmal nicht verrückt machen. Sie hatte mehrfach versucht, Jack zu erreichen, vergebens. Der Hausstand musste aufgelöst , die Wohnung vor Jacks Auszug renoviert werden. Sie hatte keine Ahnung, ob er bisher irgendetwas unternommen hatte, um eine neue Bleibe zu finden.
Max wartete tagtäglich auf einen Bescheid vom Schulamt. Aber wie Behörden nun mal sind, sie ließen sich Zeit. Denen war es scheinbar egal, wenn die Nerven anderer Leute blank lagen und sie nicht wussten, wie es nach den Ferien mit ihnen weiterging. Schulämter schienen da eine besondere Vorliebe für zu haben, denn diese Erfahrung machten zum Schuljahresende jedes Jahr Kollegen im ganzen Land. Es kam sogar vor, dass am ersten Schultag nach den Sommerferien der ersehnte Bescheid kam, nach dem Motto „Guten morgen, wir brauchen sie ab sofort in der Schule xyz…“.
Trotz alledem ließen sich Max und Marion von dieser Ungewissheit die kostbaren Ferien nicht vermiesen. Sie verbrachten viel Zeit in Möbelhäusern, planten , bestellten und waren gedanklich intensiv mit der Einrichtung ihres neuen Zuhauses beschäftigt. Mitte Juli sollte die Schlüsselübergabe sein. Dann konnten sie renovieren und rechtzeitig zum Schuljahresbeginn umziehen.
Jack hatte mit seinem Job einen wahren Glückstreffer gelandet. Die Arbeit machte ihm Spaß, er lernte nette Leute kennen und er fühlte, wie er langsam wieder Boden unter die Füße bekam. Er war auch stolz darauf, dass er es endlich geschafft hatte, seiner dominanten Mutter Paroli zu bieten. Sie hatte die Pille geschluckt und ihm sogar Geld dagelassen, damit er einige Rechnungen bezahlen konnte. Er bestand darauf, ihr das Geld baldmöglichst wiederzugeben, sobald er sein erstes Monatsgehalt überwiesen bekommen hatte.
Nadine erholte sich noch immer in Österreich. Onkel Gregor unternahm lange Spaziergänge mit ihr und half ihr, die schlimmen Erlebnisse auf Java zu verarbeiten, so wie er damals Max geholfen hatte, den Unfall von Helen zu verkraften und das Leben wieder anzunehmen.
Die klösterliche Küche tat ihr gut, sie hatte wieder etwas zugenommen, die Schatten unter den Augen waren verschwunden und ihr strahlendes Lächeln kehrte langsam zurück.
Gregor hatte bemerkt, dass Nadine einen besonderen Blick für Bruder Michael, den Musikus unter den Mönchen hatte. Und auch Michael schien seit ein paar Tagen wie verwandelt. War da etwa Gefahr im Verzug?
Gregors Augen und Ohren waren derzeit überall. Er wusste aus Erfahrung, dass ein einzelnes Frauenzimmer eine gesamte Männerdomäne ins Wanken bringen konnte. Und so war er recht erleichtert, als Nadine ihm erzählte, sie würde am kommenden Freitag nach hause zurückfahren, um sich wieder ihrem Studium und ihrer Arbeit in der Klinik zu widmen.
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