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Forum: "Die Pisa-Studie. Meinungen und Kritik."

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@becaneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: caldeirao Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 07.11.2005 20:42:47

du sprichst genau das Problem an, Wie konnte es soweit kommen, dass die SuS das Lernen hassen (etwas überspitzt formuliert). Ich glaube auch, dass das das Problem ist, warum wir bei Pisa so schlecht sind. Das hat in meinen Augen wenig mit Konsum und Fernsehen zu tun, denn Finnland ist nicht ärmer als Deutschland und Fernsehen gibt es dort auch.
Es geht einfach um die inneren Antriebskräfte, oft auch Motivation genannt und es ist sehr schwierig von außen die inneren Kräft zu wecken.
Ich bin an einer Oberschule im gemeinsamen Unterricht. Dort sitzen z.T. 12 SoS in den Kursen und trotzdem existieren die gleichen Problemen, wie hier beschrieben werden, wenn 28 in den Klassen sitzen.


einzelkämpferneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: rolf_robischon Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 07.11.2005 22:06:34 geändert: 07.11.2005 22:21:52

hallo rooster
du hast mich erlebt als einzelkämpfer, an einem einzigen tag. und hast gehört wie meine kolleginnen, die sich sehr gesträubt haben meine arbeits- und denkweise überhaupt nur wahrzunehmen, geklagt haben. dabei hatten sie nicht unter druck oder anfeindung der schulleitung (das war ich) zu leiden.
hätten sie sich einlassen können auf den anderen umgang mit dem lernen, dann wäre die arbeit für mich leichter gewesen.
umgang mit dem lernen ist etwas anderes als "unterricht". kinder und jugendliche so lernen zu lassen wie menschen das tun ist etwas anderes als "offener unterricht".
kindern und jugendlichen auf gleicher augenhöhe zu begegnen ist etwas anderes als freundlich zu ihnen zu sein.
menschen zu sagen was sie können und was sie wert sind ist etwas anderes als sie zu bewerten.
gegen jugendliche die sich wehren gegen entwertung, nichtbeachtung, aussonderung kann man nur noch mit wasserwerfern, tränengas, waffen reagieren.
wenn kinder groß werden dürfen, ist sowas nicht nötig.


wowneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: vonderseite Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 08.11.2005 01:52:31

da musste ich ne ganze Menge nachlesen, nachdem ich mal
einen Tag hier nicht hergeschaut habe.

@rfallo
die Tabelle mit den Pisa Daten sieht hübsch aus, aber ohne
Fehlerangaben sind so bunte Balken ziemlich wertlos. Wie soll
man wissen, ob unterschiedlich hohe Balken auch einen
signifikanten Unterschied darstellen? Wenn sich die
Höhenunterschiede innerhalb des Fehlers abspielen, dann sind
alle gleich gut, bzw. gleich schlecht.

@caldeirao
Ich stimme völlig zu, dass wir uns zuerst an die eigene Nase
fassen sollten, wenn (oder falls überhaupt) wir die Schuldfrage
klären möchten. Jedenfalls sollte jeder bei sich anfangen. Tja,
wie gesagt: schade, dass wir uns nicht an der OECD-
Lehrerstudie beteiligen. Vielleicht gäb es ja mal Anhaltspunkte
für sinnvolle Verbesserungen, vielleicht sogar kriteriengeleitet.
Mehr Mut ist wohl auf allen Seiten gefordert, wenn sich etwas
ändern soll.

@sopaed (und viele andere)
Du möchtest die Frage nach dem warum durch konstruktives
Streiten lösen. Der konstruktive Streit hier im Forum ist
sicherlich ein kleiner Beitrag, aber ich finde auch hier, dass man
versuchen sollte die Argumente auf eine solide Datenbasis zu
stellen. PISA ist ein Ansatz, aber leider noch nicht
ausreichend, um wirklich daraus zu lernen, wie es besser geht.
(Induktives und deduktives Vorgehen sollten sich aber nicht nur
auf den Mathematik und Naturwissenschaftsunterricht
beschränken, sondern auch unseren eigenen Lernprozess in der
Bildung begleiten)

@rooster
Du hast mir aus der Seele gesprochen. Die Teamentwicklung
muss bei uns Lehrern beginnen und das ist noch schwieriger, als
bei den Schülern. Das scheitert meist schon bei der Leitbild-
Frage.


@rolfneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: rooster Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 08.11.2005 07:55:49 geändert: 08.11.2005 07:57:39

einzelkämpfer - genau!

und ich bin sicher, dass dieses modell von lehrerhandeln nur in bestimmten situationen funktionieren kann

viele der reibereien hier bei 4 tea in den foren resultieren aus den sehr verschiedenen arbeitssituationen der menschen hier - was in kleinen system möglich ist, ist in differenzierten nicht tragfähig

stell dir vor: du kommst mit heftigen rückenschmerzen in eine ambulanz im krankenhaus, der behandelnde arzt schaut dir tief in die augen und erörtert mit dir dein leben - auf gleicher augenhöhe - nimmt sich viel zeit, nach 2 stunden und eingehender untersuchung diagnostiziert er: bandscheibenvorfall - du wirst auf die station begleitet und triffst auf eine krankenschwester, die dir eine akte mit klebeetikett in die hand drückt, keine zeit hat, offensichtlich überfordert ist, verkündet dir: morgen 6.00 uhr op-vorbereitung, nix mehr essen

deine fragen wimmelt sie ab und schickt dich ins bett

nächster morgen: anästhesist kommt, fragebogen,6 min dauert das ganze, diensthabende schwester ist sehr einfühlsam, kocht dir roibusch tee, beruhigt dich, fragt dich, ob du op-hemdchen akzeptierst oder eigenen schlafanzug willst, du willst eigenen schlafanzug - sie schiebt dich in op: op schwester tobt: warum hat der kein op-hemdchen an ....

was ich sagen will: komplexe prozesse wie unterricht für ältere schüler in verschiedenen fächern inklusiv verschiedener projekte und inhalte ( zb berufswahlvorbereitung) müssen abgestimmt werden - die schule muss als ganzes system leistungsfähig sein - die starken leistungen der individuen müssen durch absprache - teambildung für die 'kunden' eine erkennbare richtung bekommen - schüler sind keine behälter, in die jede/r lehrer das hineinfüllen kann, was sie/er für wichtig hält

das ist mein einwand gegen sozialromantische vorstellungen, die nur noch für nischen unseres schulsystems gelten

und nicht gegen die tapferen, die unter schwierigen bedingungen in großer/übergroßer individueller anstrengung das *beste* daraus machen und wie in den beschriebenen beiträgen zb im forum über die unterrichtssituation in klasse 8 und 9 (zustandsbericht) in *ihren klassen* der schule ein für die schüler erkennbares gesicht geben

huch - das war wieder so ein grundsätzliches statement von rooster


behälterneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: rolf_robischon Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 08.11.2005 08:24:58 geändert: 08.11.2005 12:08:53

danke rooster
dein beitrag führt weiter.
du schreibst schüler sind keine behälter, in die jede/r lehrer das hineinfüllen kann, was sie/er für wichtig hält
natürlich sind sie das nicht.
und lernen ist nicht die folge von "abfüllen".
mein wunsch ist, zu verbreiten, wie lernen stattfindet. die vorgänge sind nicht abhängig von der größe und dem alter der menschen und nicht von der anzahl der anwesenden.
der umgang mit dem lernen und das lernen selber sind zwei verschiedene seiten.
wenn sich beim umgang (bei der arbeit der lehrer) probleme ergeben, dann hat irgendwas nicht gestimmt. wenn derschlüssel in der tür sich nicht dreht oder sich zu leicht dreht und nicht öffnet, stimmt was nicht.


Vielleichtneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: poni Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 08.11.2005 08:59:18

könnten Lehrer, die früher in so einer Klasse wie bei Rolf (und etlichen anderen "fortschrittlichen" Grundschullehrern) als Schüler lernen, leben und arbeiten durften, besser als Team selbstverantwortlich mit Vorbildfunktion das geschehen an "weiterführenden" Schulen organisieren, weil sie eine solche Arbeitsweise von Anfang an gelernt hätten?
Wenn im Anfang "sozialromatisch" auf die Kinder eingegangen werden kann, ist für die Kinder und Jugendlichen selber die Weiterführung längst nicht so schwer, weil so noch Spaß am Lernen haben und nicht abgestumpft sind.
Die Schweden behauptet, dass ein Lehrer für 100 Schüler eines Abijahrgangs reicht, weil die Schüler bis dahin eigenverantwortliches selbstständiges Arbeiten gewöhnt sind. Schwedische Schüler fragen deutsche, wieso sie denn für Lehrer und Zensuren lernen, man würde doch für sich lernen!!!!
Und in der Schweiz meinten Referendare zu Filmmitschnitten aus deutschen Unterrichtsstunden, warum man denn so unfreundlich mit Schülern umginge.
Sicher nur zwei überspitzte Beispiele für unterschiedliche Wahrnehmungen, aber nachdenkenswert, finde ich.


Pisa als Bildungsreformneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: olifis Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 08.11.2005 14:03:49

Bildungsreform, damals ausgelöst durch den so genannten Sputnik-Schock. Man glaubte der Osten sei einem technologisch überlegen ...

Ergebnisse: Gesamtschule, Kurssystem, ... Was hat es tatsächlich gebracht? Eigentlich gute Konzepte wie zum Beispiel die Handlungsforschung scheiterten - traurig, aber man verlor sich in Kritiken und Ideen gleichermaßen und die Wissenschaftlichkeit wurde in den Vordergrund gestellt.

Meiner Auffassung nach ist es albern, sich mit anderen Nationen hinsichtlich der Bildungssysteme messen zu wollen, wenn nicht einmal im Land selbst eine Einheitlichkeit herrscht, was Curriculae, Schulbücher, ... Pädagogik, ... angeht.

Dies soll nicht bedeuten, dass sich alles und jeder in eine vergefertigte Norm anpassen soll - um Gottes Willen! Vielmehr soll es eine Orientierung an gemeinsamen Werten bedeuten.

Die Diskussionen um die Rechtschreibreform, unterschiedliche Modelle hinsichtlich der Schuldauer (12 oder 13 Jahre), ... - ich weiß nicht - Erst mal schauen, was zu vereinfachen ist, bevor man es zu einem mächtigen Konstrukt reifen lässt, welches so nichts sagend und kompliziert ist.

greetz


@olifisneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: vonderseite Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 09.11.2005 00:16:01

es mag albern erscheinen, sich an anderen zu messen, aber
wenn man es von einer anderen Seite betrachtet, dann kann man
auch sagen, dass man von anderen lernen möchte. Dann ist PISA
einfach der Versuch Kriterien zu finden, an denen man sieht, wo
etwas gut läuft. An diesem Vergleich kann man dann sehen, von
wem man ein bisschen was lernen kann. So gesehen finde ich
das alles andere als albern.

Dazu bedarf es auch nicht unbedingt der Einheitlichkeit im
eigenen Land. Auch ein vielfältiges System kann Elemente von
anderen nehmen. Vielleicht sogar jede Schule das, was sie für
die beste Verbesserung hält --- so sie sich denn an einer Schule
einig werden und auch selbst entscheiden dürfen. Ein Leitbild für
eine Schule ist zwar schwer zu entwickeln, aber für ein ganzes
Land würde ich es gar nicht versuchen wollen zu entwickeln.


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