Das habe ich befürchtet, schon 1991, als ich nach einem Semester Primarstufenstudium einen achselzuckenden Dozenten der Uni Essen zur Rede stellte, ob er nicht auch meine, dass die Ausbildung zur Lehrkraft eine dringende Überarbeitung benötige und die Lehrkräfte nicht auf die Realität vorbereitet werden.
Als mein Ältester auf die Hauptschule kam, Gott, ich hatte ja keine Ahnung! Nie werde ich vergessen, wie ich einer völlig überforderten Schulleitung gegenüber saß und erklären musste, warum mein Sohn an ihrer Schule nicht mehr beschult werden konnte, auf welcher er mehrfach mit Messer bedroht, ausgeraubt und verprügelt worden war - am Ende kotete er sich auf dem Schulweg ein vor Angst. Das Besprechungszimmer hatte ein Fenster auf den Gang. Dort sah ich einen etwa Mittelstufenschüler einen kleineren Jungen vor dem Fenster am Hals würgen, während die Direktorin schnell die Jalousien herunterließ mit den Worten: Auf unserer Schule gibt es keine Gewalt!
Inklusion ist sicher der richtige Gedanke, aber der geht eindeutig mit Förderung des Bundes - und der daherfließenden Kohle einher. Die Kommunen haben keine Goldesel. Ich lebe in Gelsenkirchen - da werden die Ämter "von oben" angeleitet und beschworen, Gelder einzzusparen, wo sie nur können. Bildung war aber noch nie billig. Wenn wir eine Demokratie bleiben wollen - und derzeit gibt es weder die Möglichkeit, noch neue gute Ideen für echte Alternativen dazu -, dann dürfen wir gerade hier nicht sparen! Aber genau das ist in den letzten Jahrzehnten praktiziert worden, wobei sich clevere - nicht kluge! - Individuen bereichern konnten, während die Schule zur Vorhölle mutierte.
Wenn ich nur Charisma hätte und eine blendende Idee - man müsste schlichtweg so lange streiken, bis uns Fördermittel vom Bund in riesigen Mengen zuflössen (ist das der richtige Konjunktiv???), mit deren Hilfe man 1. Schulfachkräfte zur Lehrerunterstützung ausbilden und diese dann vorort auch bezahlen könnte. Also, Fachkräfte wie Ärzteschaft, Therapiekräfte aus allen Bereichen, interkulturelle Förderkräfte, Sozialfachkräfte, psychologische Fachkräfte. Alles an einem gesammelten Schulzentrum mit der Auflage, wenn ein Fachgremium aus mindestens 5 Fachkräften beschließt, dass ein Kind Förderung braucht, es diese auch gegen den Willen der Eltern bekommt. *Ich träume maa so vor mir hin.*
In meinen Augen ist das Schlimmste, dass so etwas durchaus möglich wäre. Man benötigt dafür natürlich Koordinationsstellen, die sich darum kümmern, dass man zusammen- und nicht gegeneinander arbeitet. Das wäre möglich, selbstverständlich. Man fasse nur einmal ins Auge, wie die rechtsradikalen Kräfte in unserem Land und auch weltweit sich mobilisieren können - die scheuen keine Kosten, noch Arbeit. Sind gute Planer und Koordinatoren. Holen sich die Gelder irgendwie rein.
Gegen die müssen wir doch etwas tun! Und, du liebe Güte, SO nicht! Wir haben doch jetzt eine gute Sicht auf das, was so gerade abläuft, wie schlimm es ist und auch darauf, was passiert, wenn es so weitergeht.
Bildung darf man nicht reduzieren und dem selbstregulierenden Markt überlassen - es sei denn man steht auf Gewalt und Populismus. Dann muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass mafiösen Strukturen der Zugriff auf die Politik auf einem Silbertablett serviert wird.
Sie Frage ist auch, wie man es den Eltern, dem "kleinen Mann" erklärt, wie schlimm die Lage ist - das gilt ja auch für das Gesundheitssystem. Es ist politischen Kräften zu verdanken, dass Bildung und Gesundheit inzwischen zu "beschäftigt" für einen Aufstand sind, kraftlos gezüchtet, sozusagen.
Ich entschuldige mich nachdrücklich für meinen Aufreger - aber ich weiß gar nicht, wo ich diese Gedanken lassen kann. Ich bin regelrecht verzweifelt, erschüttert, schon seit Jahren. Und dabei bin ich nicht einmal Lehrkraft, sondern Logopädin. Mit Schulterzucken lösen wir jedenfalls die Probleme nicht. Man sollte sich zusammenrotten - Gott, was schreibe ich da nur.