Kurzbeschreibung: Dieses Buch des frühverstorbenen Historikers Detlev Peukert (1950-1990) gehört zu den besten, die über die Weimarer Republik veröffentlicht worden sind. Abseits von jenen müßigen Diskussionen, die von Hagen Schulze und Heinrich A. Winkler geführt werden, ob das Scheitern der Republik nun in ihren Anfängen begründet lag oder erst im Versagen der Demokraten seit 1930 seine Ursache hat, führt Peukert ein ausgesprochen tragfähiges neues Interpretationskonzept ein - er übernimmt einen kunsthistorischen Begriff, den der "Klassischen Moderne" und überträgt ihn auf die historische Forschung. So versteht er die Weimarer Republik als eine Periode der deutschen Geschichte, in der sich verschiedene vorwärtsdrängende und retardierende Tendenzen der Modernisierung überlagerten, diese Modernisierung zugleich große Hoffnungen und existentielle Befürchtungen (Kulturpessimismus) auslöste. Von diesem Axiom ausgehend, gelingt es Peukert, auf wenigen Seiten eine grandiose Synthese der Geschichte der Weimarer Republik vorzulegen. Hier geht es nicht nur um die allbekannte Politikgeschichte und um dürre sozialgeschichtliche Fakten, sondern immer wieder werden auch die großen geistigen Auseinandersetzungen (oder der Kampf der Weltanschauungen, wie man damals sagte), die große mentale Krise jener Jahre erörtert. Wenn Peukert beispielsweise über den Vorwurf des Amerikanismus oder den des "Doppelverdienertums" spricht, dann wird man das in vielen vergleichbaren Darstellungen vergeblich suchen. Die Weimarer Republik als historisches Paradigma für die Ambivalenz des Modernitätsbegriffs zu verstehen, ist ein großer Wurf, ohne jeden Zweifel. Wenn Peukert aber in seinem Schlußfazit in Anlehnung an Nietzsches Zweite Unzeitgemäße die Frage stellt, inwieweit jene Krise der Klassischen Moderne auch für die Zukunft paradigmatisch sein kann, dann ist sie zwar weit subtiler als in anderen Darstellungen der Weimarer Republik gestellt, aber nicht minder beunruhigend. Alles in allem gehört dieser schmale Band zu dem mit Abstand Besten, was über diese Schlüsselepoche der deutschen Geschichte in den letzten Jahren geschrieben worden ist, weil er zwar die Politikgeschichte bietet - insofern also für einen ersten Überblick bestens geeignet ist -, aber zugleich den Blick für tieferliegende Zusammenhänge schärft.